Ein Jahr verbringen wir nun ohne Konzerte, Festivals oder Clubparties. Das musikalische Miteinander ist schwierig. Umso schöner ist es, wenn sich Künstler*innen ein Projekt ins Leben rufen, das Musiker*innen auf der ganzen Welt zusammenbringt und dabei ein Song entsteht, der zur musikalischen Umarmung für die Welt aufruft. Dabei haben sich Felice & Cortes mit ihren Freunden zusammengetan. Doch wie kommt man auf diese Idee? Welche Schwierigkeiten entstehen vor allem vor aktuellem Hintergrund? Wir haben die beiden ausgefragt.
Felice & Cortes, wer seid Ihr und was macht ihr?
Felice: Ich bin Sängerin & Songwriterin und nehme aktuell mein fünftes Album (in Zusammenarbeit mit Musikproduzent Thommy Hein) auf. Mit unserem Duo „Felice & Cortes“, mit meiner Band (Felice & Band) und auch Solo bin ich europaweit unterwegs. Außerdem komponiere ich z.B. die Songs für unsere Musik-Artistik-Produktionen (u.a. „Little Giftshop“) und beherrsche mehrere Instrumente.
Cortes: Ich bin Musiker & Artist und jongliere schlagzeugspielend mit 3 und 4 Sticks, während Felice dem Publikum mit ihrer einzigartigen Stimme eine Gänsehaut zaubert. Ich absolvierte an der Staatlichen Artistenschule in Berlin und tourte anschließend mit Shows, wie Balagan, dem Tiger Lillies Circus und der Mozartband durch u.a. China, Südkorea, Belgien, Frankreich & Slowenien. 2008 durfte ich als einziger jonglierender Schlagzeuger beim MEINL Drumfestival auftreten. Das Magazin drums & percussion berichtete damals: „Er wurde… frenetisch gefeiert“. In meinen gemeinsamen aktuellen Produktionen mit Felice „Little Giftshop“ und Selling Stories“ sieht man mich als Musiker, Artist, Schauspieler und als Papierflieger- Jongleur.
Wie hat sich die Pandemie auf Euch und eure Musik ausgewirkt?
Es gibt die positive und die negative Seite: Haken wir das Negative zuerst ab! Denn es ist immer wieder ein Schock, sich bewusst zu machen, welches Ausmaß ein 1-jähriges Berufsverbot einnimmt. Deshalb machen wir das mal kurz in Fakten:
Ca. 50.000 Euro nicht eingenommene Gagen; über 200 abgesagte Auftritte (u.a. ein 2-monatiges Engagement in Florida, für Disney) und jede Menge Chaos.
Die andere Seite schauen wir uns sehr viel lieber an:
Ca. 3000 glückliche Zuschauer bei den Hinterhofkonzerten, einige wenige aber sehr schöne Open-Airs im letzten Sommer, ein neues Management, eine neue Booking-Agentur, ein Team, welches uns nach Kräften & liebevoll unterstützt, neue Projekte (wie Theaterstück, Album, Songs) und zu guter Letzt: I SING YOU AN EMBRACE!
Wir sind wirklich Stehaufmännchen, Kämpfer und möchten nicht wirken, als wäre alles „nur halb so wild“ Nein! Diese viel zu lange Situation ist zermürbend, beängstigend und kostet unglaublich viel Kraft. Wir beide stützen uns gegenseitig. Für jeden ist die Situation anders und für viele schwer zu ertragen. Wir wollen Mut machen.
Also hattet ihr trotz der Pandemie Auftritte?
Ja und Nein. Offizielle gebuchte Auftritte vor großem Publikum gab es einige sehr wenige – dafür aber mit unglaublich dankbarem Publikum. Wir sind genau, wie alle anderen von der ersten “Verschiebewelle“ und der zweiten “Verschiebewelle“ und der anhalten „Verschiebewelle“ getroffen.
Auf der anderen Seite hatten wir direkt im April 2020 eine Idee, die uns in gewisser Weise rettete. Wir haben in Berlin Hinterhofkonzerte gespielt und das insgesamt über 60 Mal. Dieses Konzept funktionierte trotz Pandemie super, da unsere Zuschauer vom Fenster oder Balkon aus das Konzert anschauten. Am Ende des Konzerts warfen unsere strahlenden Zuschauer Umschläge, kleine Päckchen und Geschenke aus dem Fenster mit einer Hutspende.
Für diese Idee konnten sich eine große Anzahl von Pressevertretern begeistern und so waren wir immer gut gebucht. Hart (für die Finger) wurde es dann im Winter, wo wir dann ab den Minustemperatur leider keine Hinterhofkonzerte mehr spielen konnten. Aber so wie es ausschaut, werden wir bald unsere „Frühlings- Hinterhofkonzerte“ starten… Theatervorstellung oder Konzerten scheinen noch nicht in greifbarer Nähe.
Felice, wie kamst Du zu der Idee von „I sing you an embrace“?
In der ersten Januarwoche telefonierte ich mit einem befreundeten Agenten aus Österreich, der mir (wie vorher auch schon immer wieder Freunde & Kollegen) davon erzählte, wie trist, grau und vor allem hart diese Zeit ist – und wir sprachen über die emotionale Achterbahn, die man als selbstständiger Künstler oder Freischaffender in Eventbranche gerade seit einer zerreißend langen Zeit fährt. Er sagte zu mir: „Glaube mir, Felice, hätte ich gewusst, dass mir eine Umarmung so viel bedeutet… Ich hätte vor Corona so viel mehr Menschen umarmt!“ Wir unterhielten uns noch eine Weile über die Dinge, die das Leben lebenswert machen weiter, machten uns Mut und als ich dann kurz darauf in meinem Studio saß, war der Gedanke einfach da!
Man müsste eine Umarmung verschicken können, eine gesungene Umarmung, in Form eines Songs! Ja! Und keine 10 Minuten später, war der Song geschrieben. Ich hatte Sätze im Kopf, wie „I wanna feel, my hand in yours – simple thing I know!“ – und dachte mir, dass es einmal normal war, sich zur Begrüßung oder zum Abschied zu umarmen oder sich eben die Hand zu geben und wollte meiner Hoffnung und Überzeugung Ausdruck verleihen, dass es ganz bald wieder so sein wird. Ich schätze, dass alle Gefühle so präsent für mich waren, weil ich ja selbst in dieser Achterbahn mitfahre, in der ich gar nicht sitzen möchte. So war es ein leichtes in Worte und Melodien zu übersetzten, was gerade bei mir und meinen Kollegen und Freunden los ist.
Der Song sagt: „But ´till then… I sing you an embrace.“ und soll eine Art Überbrückung sein. „Bis wir uns wieder umarmen, singe ich dir eine Umarmung!“
Als ich meinem Partner Cortes davon erzählte war er sofort all in, schrieb den Rap-Part für den Song und ist von diesem Moment an, Tag und Nacht für „I sing you an embrace“ am Arbeiten.
Unser Team und unser Management erfuhren kurz darauf von der Idee und auch sie sind seit her gleichermaßen überzeugt davon, dass diese musikalische Umarmung gerade gebraucht wird.
Woher kennt ihr die teilnehmenden Musiker*innen?
Die meisten Künstler*innen & Musiker*Innen, die mitwirken, sind gute, teilweise langjährige Kollegen*innen, die wir sehr schätzen und vor allem deshalb mit ins Boot holten, weil sie diese musikalische Umarmung mit ihrem unverwechselbaren Talent und ihrer Authentizität für die Sache bereichern. Das Orchester Mojimirima aus Sao Paolo/Brasilien, unter der Leitung von Carlos Lima zum Beispiel, lud uns 2016 für ein Festival nach Brasilien ein. Es war eine beinahe magische Zusammenarbeit und ein blindes Verständnis & Vertrauen für die gemeinsame Musik. Schon damals war der Mix aus Klassik & Pop/Soul für uns und das Publikum ein unvergessliches Erlebnis, sodass jetzt sofort klar war, dass wir mit Carlos und seinem Orchester zusammenarbeiten wollen.
Jeder einzelne Musiker trägt mit seiner positiven Einstellung zu der Mission des Songs bei, dass diese Umarmung schon jetzt spürbar groß ist und so vielfältig, wie die Anzahl an Musikern, denn jeder bringt eine ganz eigene Farbe in dieses Gesamtkunstwerk aus über 160 eingeschickten Einzelspuren.
Wird es ein weiteres Projekt in dem Stil geben?
Für mich und Cortes ist es das erste Projekt in dieser Größenordnung. Es macht uns unglaublich viel Spaß und da wir ohnehin 2 Menschen von der Sorte „Tag und Nacht kreativ“ sind, haben wir natürlich jetzt schon wieder Ideen, wie es weiter geht. Alle „I sing you an embrace“ -Familienmitglieder zusammen auf einer Bühne- das wäre großartig! Es gibt natürlich den Zeit & Kraft-Aspekt an dessen Balance wir dann noch arbeiten müssten. Das umsetzende & unterstützende Team dürfte von uns aus dafür dann gern noch wachsen.
Mehr zu Felice & Cortes findest Du auf deren Website!